Freistellen von Motiven in Bildern
Vielfältige Möglichkeiten durch Freistellen des Motivs
Das Freistellen eines Bildes gehört zu den wichtigsten, zugleich aber auch aufwendigsten Techniken in der digitalen Bildbearbeitung. Freistellen bedeutet, dass Hauptmotiv und Hintergrund bzw. unwichtige Bildbestandteile so voneinander getrennt werden, dass sie separat bearbeitet, entfernt oder ausgetauscht werden können. Das Freistellen von Bildbestandteilen eröffnet unzählige Möglichkeiten: Private Schnappschüsse werden zu Hinguckern, in der Produkt- und Immobilienfotografie ist eine wesentlich ansprechendere Präsentation möglich, und nicht zuletzt lassen sich auch Kosten sparen. Statt Reisen zu aufwendigen Shootings findet die Produktion im Studio statt. Nach dem Freistellen des Motivs kommt der gewünschte Hintergrund aus günstig zuzukaufenden Stockfotos.
Anwendungsbeispiele für das Freistellen
Ein typisches Beispiel für das Freistellen ist der Austausch des Himmels. Sie haben für die Objektfotos, die Sie im Immobilien-Exposé verwenden möchten, zwar einen halbwegs sonnigen Tag erwischt, hohe Bewölkung macht den Himmel aber unattraktiv weiß. Wenn Sie alle Bildbestandteile außer dem Himmel freistellen, lässt sich hier ein blauer Himmel mit ein paar Schäfchenwolken - oder je nach Lichtrichtung ein dramatischer Sonnenuntergang - einfügen. Bei Produktfotos wird häufig der gesamte Hintergrund gelöscht und das Motiv vor einer weißen Fläche gezeigt. Der beim Freistellen erreichte Effekt ist derselbe wie beim Fotografieren im Studio vor einer gleichmäßig ausgeleuchteten Hohlkehle. Der Hintergrund muss aber nicht ganz verschwinden. Unschärfe, Entsättigung, Abdunkeln oder Aufhellen lenken die Aufmerksamkeit des Betrachters auf das Hauptmotiv.
Mit diesen Techniken stellen wir Bilder frei
Zum Freistellen von Bildbestandteilen nutzen wir sogenannte Masken. Masken decken einen Teil des Fotos ab. Dadurch beziehen sich weitere Arbeitsschritte nur auf den nicht maskierten, freigestellten Bereich. Um eine Maske zu erstellen, halten Bildbearbeitungsprogramme einfache, aber auch hochkomplexe Werkzeuge bereit. Einfach ist es zum Beispiel selbst für Laien, mit vorgefertigten Formen (Kreis, Rechteck) zu arbeiten und damit zum Beispiel Vignettierungen zu erzeugen oder einen Blick durch ein Fernglas zu simulieren. Damit aber das Freistellen detailreicher Formen realistische Ergebnisse bringt, bedarf es viel Erfahrung und Übung. Eine erste Auswahl für das Freistellen lässt sich anhand von Farben oder Unterschieden in der Helligkeit treffen. Typische Werkzeuge für das Freistellen sind etwa Zauberstab, Lasso und "magnetisches" Lasso sowie das Pfadwerkzeug. Sie alle funktionieren gut zum Beispiel bei Portraits vor einem einfarbigen Hintergrund. Aber schon braunes Haar vor einer hölzernen Wand, eine Frisur mit vielen einzeln sichtbaren Haaren oder feine Äste eines Baums bringen das Freistellen mit diesen Werkzeugen an seine Grenzen. Auf KI (künstlicher Intelligenz) basierende Programmfunktionen unterstützen die Bearbeitung, indem sie etwa Gesichter oder Himmel zu erkennen versuchen und diese Bestandteile automatisch freistellen. Aber letztendlich ist bei schwierigen Motiven viel Handarbeit nötig.
Je nachdem, wozu das Freistellen gebraucht wird, ist es mit dem Maskieren und getrennten Bearbeiten oder Ausschneiden des Hauptmotivs noch nicht getan. Mit dem Löschen des Hintergrunds geht zum Beispiel auch der Schattenwurf des freigestellten Motivs verloren. Er muss rekonstruiert werden, wenn das freigestellte Motiv realistisch wirkend in einen anderen Hintergrund eingefügt oder vor einer neutralen Fläche gezeigt werden soll. Auch perspektivische Korrekturen sind nach dem Freistellen nötig, zum Beispiel wenn das freigestellte Motiv und der neue Hintergrund aus unterschiedlicher Höhe oder mit anderer Neigung der Kamera aufgenommen sind. Ansonsten passen im Composing aus Motiv und Hintergrund die Fluchtlinien nicht.
Das beste Ausgangsmaterial für freigestellte Bilder
Freistellen wird immer dann schwierig, wenn Hauptmotiv und Hintergrund schwer zu unterscheiden sind. Das kann zum Beispiel wegen gleicher Farben, gleicher Helligkeitswerte oder geringem Kontrast der Fall sein. Feine Strukturen (Haare, Äste) sind eine große Herausforderung. Am einfachsten freistellen lassen sich Motive, die vor einem einfarbigen Hintergrund aufgenommen sind und die Hintergrundfarbe im Bild nicht vorkommt. Sie kennen den Effekt vom Green Screen im Fernsehen - Wettermann oder Wetterfrau werden vor einer grünen Fläche gefilmt, das Freistellen erfolgt automatisch, indem die grüne Farbe transparent gemacht und dahinter der Satellitenfilm mit den Hoch- und Tiefdruckgebieten eingespielt wird. Haben Sie die Möglichkeit, Ihre Fotos für das spätere Freistellen im Studio zu machen, nutzen Sie solche Hintergründe. Die Farbe ist egal, solange sie ansonsten im Bild nicht vorkommt.
Nicht jedes Motiv ist für Studiofotografie geeignet. Denken Sie besonders beim Fotografieren in anderen Innenräumen und draußen schon an ein mögliches Freistellen. Auf welche Bildbestandteile kommt es Ihnen an? Sind diese klar erkennbar, oder verschwimmen sie mit dem Hintergrund, sind sie besonders filigran? Ein paar Schritte zur Seite, eine etwas andere Kamerahaltung können das spätere Freistellen wesentlich vereinfachen.
Mit etwas fotografischem Wissen ist das Freistellen vielleicht gar nicht nötig. Sie möchten ein Portrait vor einem unscharfen, nicht ablenkenden Hintergrund aufnehmen? Nutzen Sie eine leichte Tele-Brennweite, öffnen Sie die Blende so weit wie möglich (und verkürzen Sie passend dazu die Belichtungszeit). Je größer die Blendenöffnung, desto kleiner ist die Schärfentiefe. Fokussieren Sie auf die Augen der zu portraitierenden Person. Ein weit entfernter Hintergrund wird dann unscharf erscheinen. Allerdings hat diese Fototechnik ihre Grenzen bei sehr kleinen Bildsensoren, wie sie in Kompaktkameras und Smartphones verwendet werden. Die geringe Brennweite der zugehörigen Objektive erhöht die Schärfentiefe. Smartphones versuchen im Portrait-Modus, diesen Nachteil auszugleichen und das Freistellen zu automatisieren. Das Motiv wird maskiert, der im Originalbild scharfe Hintergrund per Software weichgezeichnet. Dieses Freistellen funktioniert zwar unter normalen Umständen gut, kann aber bei einer fehlerhaften Maske kuriose Ergebnisse erzeugen. Qualitativ besser ist das nachträgliche Freistellen per Bildbearbeitung.